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Historisches Gemen

Auszug aus Gemen - Westfälische Kunststätten; mit freundlicher Genehmigung von Ursula Brebaum

Gemen, heute ein Stadtteil Borkens und durch seine stolze Burg weit über seine und des Münsterlandes Grenzen bekannt, liegt etwa 2 km nördlich der alten Stadt Borken im vorwiegend sandigen, von Wald, Weiden und Äckern bedeckten flachen Münsterland.


Burg und Freiheit

Die Burg ist der eigentliche Ausgangspunkt des Ortes Gemen; Burg und Freigrafschaft werden 1274 zum erstenmal urkundlich erwähnt.
Mit den Auseinandersetzungen zwischen Papst und den deutschen Kaiser änderten sich im 12. Jahrhundert die Macht- und Besitzverhältnisse in Mitteleuropa grundlegend, so dass u. a. die Bischöfe von Münster auch weltliche Landesherren dieser Region wurden. Dabei gelang es den Herren von Gemen, ihre eigene Herrschaft nicht nur zu retten, sondern zu vergrößern und unabhängig zu halten, indem sie die strategisch günstige Lage Gemens zwischen den neu entstandenen Machtblöcken nutzten.





Aufstieg unter Heinrich III. von Gemen

Geschickte Heiratspolitik, politische Klugheit und wirtschaftliche Tatkraft sicherten den Herren von Gemen in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts große Erfolge. Durch siegreiche Fehden mit den Nachbarn erhielten sie die Pfandschaft zum Beispiel über die Gerichte von Borken und Ramsdorf. Heinrich III erhielt 1370 bei der Erbteilung die Herrschaft Gemen. 1380 verpfändete der Bischof von Münster Burg Oeding an Gemen und 1388 erhielt Heinrich III durch den Herzog von Geldern Burg, Amt und Herrlichkeit Bredevoort als Pfand, Gebiete, die in den nahen Niederlanden liegen. Als Zeichen seiner Macht baute er die Wasserburg bis 1411 weiter aus.



Die Erben Heinrich III.

Der Sohn Heinrichs III, Johann II, überragte seinen Vater noch an politischem Geschick, durch das er weiteren politischen Einfluß erwerben konnte, so die Pfandschaft über das Vest Recklinghausen. Zu seiner Zeit wurde Gemen 1431 als "reichsunmittelbare und reichsstündische Herrschaft" bestätigt, also nicht dem Spruch und Recht des jeweiligen Landesherrn, des Bischofs von Münster, unterworfen.




Die Zeit der Reformation

Von wesentlicher Bedeutung für die Geschichte Gemens ist der Kölner Erzbischof Adolf XIII und ein weiterer Enkel Cordulas, Otto IV, der in zweiter Ehe 1558 eine Tochter des Herzogs Ernst zu Braunschweig- Lüdinghausen, Elisabeth-Ursula, ehelichte. Unter dem Einfluß des Schwiegervaters und seiner Frau trat Otto IV zum Protestantismus über, was zur Folge hatte, dass gemäß des Augsburger Religionsfriedens von 1555 der Landesherr den konfessionellen Stand seiner Untertanen bestimmte.



Das Schloß im 18. und 19. Jahrhundert

Das 18. Jahrhundert begann für Gemen mit dem Erfolg, dass der schon Jahrzehnte dauernde Prozeß um die Reichsunmittelbarkeit am 15. September 1700 zugunsten Gemens entschieden wurde. Der derzeitige Herr zu Gemen, Otto II, Graf von Limburg-Styrum, war erfolgreicher Offizier im münsterischen Heer wie in kaiserlichen Diensten.


Die katholische Marienkirche

Die Bemühungen der Witwe des Hermann Otto von Limburg-Styrum, Amalie Charlotte, den Katholiken in Gemen ein Gotteshaus zu ermöglichen, führten 1705 - 1708 zum Bau einer Kapelle. Diese wurde zwischen 1719 und 1721 zu einer Franziskanerresidenz ausgebaut, die meist nicht mehr als fünf Patres und einige Laienbrüder umfaßte.



Die evangelische Johanneskirche

Außerhalb der alten Freiheit ist der 1703 errichtete Kirchenbau gelegen. Mit seinem Kuppelturm sollte er Akzent einer größer geplanten, städtisch wirkenden Erweiterung Gemens sein. Doch da sich im 18. Jahrhundert in Gemen keine wirtschaftliche Blüte einstellen wollte, wurden hier nur wenige Häuser erbaut. Der rechteckige Grundriß folgt einem für evangelische Kirchenbauten im Bergischen Land und am unteren Niederrhein im 17. Jahrhundert entwickelten Typus.


Die Burg in ihrer heutigen Gestalt

Die 1411 unter Heinrich III und Katharina Bronkhorst entstandenen Gebäude der Hauptburg waren in ihren Dimensionen so großzügig, dass sie bei allen späteren Umbauren das Maß bestimmten. In der Zeit der Holstein- Schaumburgischen Herrschaft wurde wohl 1571 der Uhrenturm im Hof zugefügt. Die heutige Gestalt als Schloßanlage erhielt die Burg um 1700 durch die Herren aus dem Hause Limburg-Styrum, zu einer Zeit, als feste Burgplätze durch die Entwicklung moderner Kriegstechnik für die Verteidigung nicht mehr erforderlich waren. Barock sind die große Zwiebelhaube des Bergfrieds (jetzt Ballturm), das Dach mit der Balustrade und das von den Löwen flankierte große Eingangsportal.